Schwäbische Zeitung 12.06.22 - Risiko Mobilfunk Kempten

Mobilfunk Bürgerinitiative und Forum für mobile Kommunikation Kempten
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Schwäbische Zeitung 12.06.22

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Schwäbische Zeitung vom 12. Juni 2022

Zitat:

„Ihnen allen ist die Gesundheit ihrer Mitbürger egal"
Mobilfunk-Bürgerinitiative in Kempten kritisiert OB Kiechle und den Stadtrat
Von Ulrich Weigel

KEMPTEN - An Handys und mobiler Datenübertragung scheiden sich die Geister. Geht es nach der „Mobilfunk Bürgerinitiative Kempten", soll der Stadtrat ein Moratorium zum 5G-Ausbau beschließen, ihn also aufschieben. Tatsächlich aber hat Kempten - alle Anbieter zusammengenommen - bereits fast flächendeckend eine grundlegende 5G-Abdeckung für schnellen Datenverkehr. Zu sehen ist das in einer Karte der Bundesnetzagentur.

„Ignoranz und Bürgerferne" wirft die Bürgerinitiative in einem offenen Brief Oberbürger-meister Thomas Kiechle vor. Weiter schreibt Sprecher Franz Josef Krumsiek den Stadträten, „Ihnen allen" sei die Gesundheit der Mitbürgerinnen und Mitbürger egal und „ein fortschritt-licher Umgang mit der Strahlenbelastung wesensfremd". Den Vorwurf wies im Stadtrat Thomas Hartmann (Grüne) als „völlig unpassend und beleidigend" zurück. Michael Hofer (UB/ ÖDP) schloss sich an: „So kann man nicht für Verbesserungen werben." Und OB Kiechle betonte, die Stadt könne so ein Moratorium überhaupt nicht anordnen.

Schon vor gut einem Jahr habe die Initiative einen vorläufigen Stopp des 5G-Ausbaus gefordert, doch nur zwei von 44 Stadträten hätten sich danach gemeldet, schreibt Krumsiek. Er fürchtet, dass der Datenverkehr durch 5G, Smart City und das Internet der Dinge den Energieverbrauch weltweit massiv steigen lässt. Das koste Privatsphäre, Gesundheit und Freiheit. Die Initiative zeichnet in ihrem Brief sogar das Gespenst einer Bargeldabschaffung und fürchtet ein Sozial-Kredit-System á la China. Dabei bekommen Menschen für ihr Verhalten Punkte oder Abzüge und entsprechend Vor- oder Nachteile.

Im Stadtrat waren diese Sorgen kein großes Thema; dort ging es um die „Einstellung der aktiven Mobilfunk-Standortplanung". Was wie ein kommunalpolitischer Offenbarungseid gegenüber den Mobilfunk-Anbietern klingt, ist nach Darstellung von Baureferent Tim Koemstedt nur ein verwaltungstechnischer Vorgang, nämlich welche Kapazitäten die Stadt im Stellenplan vorhält. Der Personalausschuss hatte empfohlen, die hier angesetzte Fünftel-Stelle zu streichen.

Die Geschichte dahinter ist spannender und wurzelt im Mobilfunk-Ausbau seit der Jahrtau-sendwende. Weil sich damals Anwohner sorgten und Proteste zunahmen, führte die Stadt 2008 ein dialogisches Verfahren ein. Man suchte im Gespräch mit den Mobilfunkbetreibern optimale Standorte, um die Strahlenbelastung zu senken. Die Stadt ließ auswerten, wo die Belastung besonders groß war - aber laut Koemstedt dennoch unter den Grenzwerten lag. Seitdem habe sich die Situation stark verbessert. Bis zum Jahr 2016 wurden von 48 Standorten 42 geändert, neu gebaut oder stillgelegt. Die Immissionskarte 2020 zählt nur 47 Standorte, obwohl der Mobilfunk und vor allem die übertragenen Datenmengen deutlich zugelegt haben.

Heute werden vermehrt statt großer Funkmasten nur kleine Anlagen („Small Cells“) eingesetzt. Sie decken Bereiche mit besonders hohem Datenvolumen ab. Wegen ihrer geringen Sendeleistung seien sie nicht genehmigungspflichtig, sagt Koemstedt.

Weiter verweist er auf kabelfreie Übertragungen durch schnurlose Festnetztelefone, W-Lan und Bluetooth, die zunehmend genutzt würden. Daher spielten feste Sendeanlagen bei der Gesamtbelastung Einzelner durch elektromagnetische Felder eine immer untergeordnetere Rolle. Letztlich entschied der Stadtrat, dass keine aktive Standortplanung für Mobilfunk-anlagen mehr nötig ist, bei Bedarf aber „anlassbezogen" fortgesetzt wird. Dagegen stimmten Walter Freudling (AFD), Michael Hofer (UB/ÖDP) sowie Thomas Senftleben und Christian Kaser (beide parteilos).

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